Norway by Bike – Tag 48: Eydhavn – Risør (1589 km)

Schokolade und Kaffee am Lagerfeuer

Als wir wach werden, ist unser Gastgeber noch nicht von seiner Nachtschicht zurückgekehrt. Wir gehen unserer üblichen Routine nach: die Kinder wickeln, anziehen, Schlafsachen, Schlafsäcke und Kissen wegpacken, frühstücken. In der Zwischenzeit fährt das Auto unseres Gastgebers die Auffahrt hoch und wenig später, als wir bereits dabei sind, unsere Sachen zusammenzupacken, lädt er uns zu sich ans morgendliche Lagerfeuer zum Kaffee ein. Wir freuen uns sehr darüber und setzen uns zu ihm. Zur Freude der Großen (und auch wir freuen uns darüber) gibt es auch Schokolade mit Schokolinsen.

Flammen im Nebel

Wir genießen den Anblick des tief hängenden Nebels und freuen uns über das wärmende, knisternde Feuer und den heißen Kaffee in dieser sehr feuchten Witterung. Die Kinder fühlen sich wohl hier und spielen mit den Spielsachen, die ihnen unser Gastgeber aus seinem Schuppen geholt hat. Wir unterhalten uns eine ganze Weile, aber irgendwann müssen wir aufbrechen, um nicht zu spät abzufahren und unser Gastgeber muss nach der langen Nachtschicht ins Bett.

Perfekter Rasen im Garten unseres Gastgebers

(jeden) Tagtraum Auswandern

Wir bauen unser Zelt ab und die Taschen an die Fahrräder und satteln auf. Gut 20 km und unzählige beeindruckende Orte sind es bis zum nächsten Stopp. Fjord um Fjord bietet dieses Land immer wieder Ausblicke, die einem den Atem rauben. Und so plaudern wir immer mal wieder (mal ernsthafter, mal weniger ernsthaft) darüber, wie es wohl wäre, hier zu leben oder ein Ferienhaus zu besitzen, zum Arbeiten oder Urlauben. Die raue Landschaft lädt immer wieder zum Fotografieren ein, aber in der Regel halten wir dafür nicht an. Es gibt einfach zu viel Schönes anzusehen. Allerdings müssen wir dann doch einmal (unfreiwillig) anhalten. Meine Kette ist gerissen. Nicht überrascht davon (das hat sich über die vergangenen Wochen schon angekündigt), lösen wir das defekte Glied und bauen ein Kettenschloss ein. Weiter geht’s.
Kommentar von Bodo: „Nachdem ich mich nicht sonderlich geschickt bei der Montage der neuen Ketten angestellt hatte, habe ich eigentlich schon viel früher damit gerechnet.“

Dass die Kette reißt, war nur eine Frage der Zeit und der Kilometer

Zu spät gesehen wie schön es hier ist

Wir landen in Tvedestrand. Ein Ort, den wir in seiner Beschaulichkeit, aber auch Vielseitigkeit so gar nicht auf dem Schirm haben.

Die vielen traditionellen Antiquariate und Buchhandlungen, nischigen Shops und gemütlichen Restaurants auf engstem Raum sind leider erst auf dem Weg raus aus der Stadt sichtbar für uns geworden. Nach dem Einkauf im örtlichen Supermarkt bekommen wir von einer einheimischen Mama den Tipp für einen guten Pausenplatz mit Toilette.

Einkaufen in Tvedestrand

Direkt um die Ecke und an einem See gelegen, ist der Spot ideal für uns. Wir lassen es uns bei Kartoffelsalat und Co. gutgehen und die Große spielt vergnügt mit ihrem neuen Spielzeug-Pony. Das einzige, was das Idyll etwas bricht, sind die Arbeiten, die am anderen Ende des Sees stattfinden, bei denen ein Bagger mit einem Meißel Gestein abträgt. Es hallt die ganze Zeit über den See und reflektiert von den umliegenden Häusern. Aber irgendwann haben wir uns auch daran gewöhnt.

Staunen und schwärmen in Tvedestrand

Auf dem Weg raus aus der Stadt geraten wir ins Staunen. Wir fahren eine steile, enge Gasse hinunter und sind überrascht, wie charmant dieser Ort doch ist. Buchläden, Antiquariate, Cafés, Blumenläden, Bäcker. All diese schnuckeligen Läden geballt an steilen Hängen, eine Promenade mit beschaulichem Hafen. Hier finden sich Restaurants und Bars und etwas weiter einen Hang hoch ein Coworking-Space im Industrial-Look und das alles in dieser schroffen Landschaft.

Lange Abfahrt durch die schönen Gassen von Tvedestrand

Frustration bei der Schlafplatzsuche

Wir fahren nochmal knapp 30 km, bis wir in Risør ankommen. Es ist fast 20 Uhr, es wird dunkel und wir sind erschöpft. Wir klingeln wieder mal an den Türen. Auf dem ersten Grundstück öffnet keiner, beim zweiten werden wir an einen Nachbarn mit Farm verwiesen. Es ist kalt und ein feuchter Nebel legt sich übers Land. Ich bin enttäuscht und frustriert, also fragt Bodo beim nächsten Anlauf.

Ungeeignet zum Zelten und trotzdem gemacht

Das Grundstück ist größtenteils an einem Hang gelegen. Also fahren wir erst die Einfahrt in eine Senke steil bergab und dann wieder steil bergauf zum ersten Haus, einem Stall. Wie sich herausstellt, wohnen die Besitzer aber weiter oben auf dem Berg. Mittlerweile ist es 20:00 Uhr und uns ist es schon reichlich unangenehm so spät um einen Schlafplatz zu bitten. Wir werden nett empfangen und uns wird eine Wiese unweit vom Haus angeboten. Leider ist sie sehr abschüssig und uneben und eher ungeeignet zum Zelten. Ein wichtiger Umstand, der, wie wir immer wieder merken, vielen nicht klar ist. Als wir das feststellen, bieten uns die beiden Besitzer ein Fleckchen Wiese an der Einfahrt vor dem Haus an, was wir dankend annehmen. Leider ist der Boden so fest, dass die Heringe auch mit dem größtem Kraftaufwand nur mit der Spitze in der Oberfläche stecken bleiben. Aber wir sind einfach nur froh, dass uns jemand aufgenommen hat, bevor es stockfinster geworden ist.

Nebel kriecht tief über den Boden

Jackpot: Toilette und Dusche

Die beiden Gastgeber sind unglaublich gastfreundlich, lassen uns den Wasseranschluss nutzen und laden uns ein, Toilette und Dusche zu nutzen. Die Kinder haben lange durchgehalten, aber nun sind sie müde. Wir bauen schnell auf, versorgen die Kinder und bringen sie ins Bett. Wir sind überglücklich, diesen Ort gefunden zu haben. Nachdem die Schlafplatzsuche sehr zäh anfing und das erfolglose Klingeln und die Abweisung jedes Mal weitere Ungewissheit und ein Weiterfahren bedeuteten, wurden wir hier so herzlich empfangen, wie wir es nicht erwartet hatten. Bevor wir uns zu den schlafenden Kindern kuscheln, essen wir unser Standard-Abendbrot, Tortilla-Chips mit Guacamole und Salsa, und arbeiten noch ein paar Stunden an unserer Reise Dokumentation.

Heutige Fahrbilanz: 54 km, 4 h im Sattel

Bilder des Tages


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