Norway by Bike – Tag 46: Kristiansand – Lillesand (1484 km)

Heute früh ist Lu kurz draußen, um etwas von den Fahrrädern für das Frühstück reinzuholen. Da kommt eine Frau vorbei und ich höre, wie sie irgendwas mit „stengt“ sagt. Das heißt „geschlossen“. So viel habe ich hier in Norwegen schon gelernt. Lu unterhält sich kurz mit der Frau und kommt dann rein. Sie erzählt, dass die Frau gesagt hat, dass der Campingplatz geschlossen hat, und dass es auch ein Schild am Tor gibt. Das haben wir wohl gestern übersehen. Natürlich war uns klar, dass hier die Saison vorbei ist, weil hier wirklich niemand war, aber das Schild haben wir nicht gesehen. Zum Glück, denn das hätte uns eher noch verunsichert. Keine Ahnung, ob wir dann noch weitergefahren wären. Es war schon viel zu spät und höchste Zeit für uns aufzubauen.
Die Frau hatte erzählt, dass vom Campingplatz heute kleine Hütten, die auf Podesten stehen, abtransportiert werden. Die werden wohl mit LKWs abgeholt und wahrscheinlich sollen keine Gäste im Weg sein. Wir sollten uns einfach so bald, wie möglich wieder auf die Räder schwingen.

Ab(b/h)auen

Es hat in der Nacht geregnet und auf den Wegen und Wiesen steht hier und da das Wasser. Die Kleine fordert ein, mit ihr zu laufen. Sie ist noch in ihren Anfängen und läuft nur an der Hand. Aber sie möchte unbedingt laufen lernen. Also heißt das für uns immer spazieren gehen. Sie möchte auch durch die Pfützen laufen und ich lasse sie in Regenhose, aber barfuß da durch spazieren und sie hat großen Spaß dabei. Lu lässt die Luft aus den Matratzen und räumt alles im Zelt zusammen, während die Große auf dem Spielplatz im Sand spielt. Anschließend versuchen wir das Zelt irgendwie etwas trocken zu bekommen. Wir legen die Zeltplane über eine Picknickbank, damit sowohl die Regennässe auf der Außenseite, als auch die Kondensation der Atemluft auf der Innenseite verdampfen können. Gleichzeitig trocknen wir das Innenzelt auf dem asphaltierten Weg mit der Kraft der Sonne, die die Nässe um uns herum sehr erträglich macht.

Bevor wir abreisen fragen wir, ob wir nochmal die Toiletten benutzen könnten und haben Glück. Insofern ist es praktisch, dass noch jemand da ist. Gegen kurz nach zwölf sind wir wieder unterwegs. Heute geht es nach Lillesand. Unser Plan ist weiterhin 50 km pro Tag zu schaffen, damit wir es zum 25.09. nach Oslo schaffen und dann die dreitägige Heimreise anzutreten. Mittags losfahren ist für uns schon mal ein guter Anfang. Wir machen einen kurzen Stopp, um Himbeeren und Brötchen zu kaufen und verlassen Kristiansand. Nach einem Stück an der Autobahn erwartet uns ein Mix aus gut befahrbaren Radwegen und Landstraßen.

Raus aus Kristiansand entlang der Autobahn

Kurze Rast vor der Pause

In Tveit machen wir eine kurze Rast am Straßenrand, an einem Feld voll Rüben mit roten Stängeln und großen Blättern. Wir finden eine ausgegrabene Rübe und fragen uns, was das sein soll. Schnell ein Foto in die PlantNet App geladen und schon wissen wir, dass es Mangold ist.

Rast am Straßenrand

Hier ist nichts in der Nähe, keine Häuser, kein Spielplatz, nur Straße und Feld. Deshalb wollen wir hier auch nur kurz halten. Die Kinder bleiben im Anhänger sitzen, weil wir sie sonst nicht so schnell überzeugen können, wieder einzusteigen. Im Endeffekt stehen wir etwa eine halbe Stunde, währen die Kinder jeder einen Quetschie und einen Getreide-Riegel bekommen. Das Frühstück ist schon eine Weile her und der nächste Ort ist Birkeland. Bis dort brauchen wir aber voraussichtlich noch eine Stunde. Die Stimmung der Kinder ist erstmal wieder stabilisiert, wenn auch nur auf Zuckerbasis, aber wir kommen wieder gut voran.

Große Pause mit großem Menü

Gegen 16:00 Uhr kommen wir in Birkeland an. Lu hat Kopfschmerzen und wir wollen einen Spielplatz anfahren und etwas essen. Wir haben in der letzten Pause nämlich auch nur etwas gesnackt. Eher zufällig finden wir einen Spielplatz, den die Kinder letztlich gar nicht nutzen. Die Bänke und der Rindenmulch auf dem angrenzenden Platz sind die interessantesten Dinge. Mit den Buddelsachen wird der Rindenmulch plötzlich zu diversen Speisen, die eingefüllt, gemischt und aufgetan werden können.

Direkt neben dem Platz ist ein Coop Extra und ich gehe mit der Großen kurzerhand einkaufen. Wir holen ein buntes Menü und lassen es uns kulinarisch gutgehen. Alles kalt, versteht sich, aber bei unseren aktuellen Standards auf Tour, speisen wir gerade ein 5-Sterne-Menü. Mit Grünem Salat, Nudel-, Eier- und Krabbensalat, frischem Brot, kalter Cola und einem kalten Espresso Getränk. Natürlich alles zu norwegischen Preisen, aber einfach mal gönnen.

Große Pause mit großem Menü

Passt, wackelt und hat Luft

Seit bald zwei Wochen fahren wir nun schon mit provisorisch reparierten Gepäckträgern an den Gabeln und es ist wie mit allen Provisorien: Sie halten am längsten. Ich hatte zuerst die zusätzliche Abspannleine vom Zelt verwendet, die wir in Aalborg gekauft hatten, aber das ließ sich nicht so gut spannen. Dann habe ich unsere altbewähren Spanngurte mit Klemmverschluss benutzt. Wir haben immer extra Gurte dabei und das zahlt sich hier aus. Von acht Klemmen sind drei gerissen und alle drei habe ich mit kurzen Gurten ersetzt. Der Stoff der Spanngurte hat sich aber scheinbar noch etwas weiter angeschmiegt, durch die teils feuchte Witterung und den Zug, der auf dem Gurt lastet. Dadurch ist der Gepäckträger allmählich etwas abgesackt, aber nur in den ersten Tagen. Seit einigen Tagen ist er stabil. Trotzdem behalte ich ihn bei jeder Fahrt im Auge.

Immer im Auge behalten: Das Provisorium Frontgepäckträger

Schlafplatz mit Wasserzugang

Vollgefuttert und glücklich geht es knapp zwei Stunden nach Ankunft weiter. Es ist also schon 18:00 Uhr. Eine Stunde später sind wir in Lillesand und auch bald auf einem Campingplatz, der zwar besucht, aber nicht mehr betreut ist. Alles elektronisch gelöst.

Wir suchen uns einen Platz und bauen auf. Leider ist der Boden sehr nass. Teilweise schwimmt es und neben uns fließt Wasser aus dem Gestein. Wir müssen also nochmal umziehen. Bis jetzt lag nur die Bodenplane, aber beinah hätten wir uns in einen kleinen Bach gelegt. Gut, Bach ist übertrieben, aber eine sumpfige Wiese mit Einspeisung über ein Rinsal ist kaum besser zum Schlafen.

Die Kinder sind müde und es wird zunehmend schwieriger die Stimmung hochzuhalten. Wir müssen uns also beeilen alles aufzubauen und dabei die Contenance behalten. Auch für uns schwierig. Es war ein langer Tag und alle sind erledigt. Wir haben 49 km geschafft und freuen uns auf die Erholung im warmen und gemütlichen Schlafsack. Für die Kinder gibt es nur noch während des Aufbaus einen Snack und dann machen wir sie bettfertig.

Wieder eine sternenklare Nacht

Lu und ich arbeiten noch ein bisschen an der Dokumentation der Reise. Die Witterung ist kühl und feucht. Wir haben fast Vollmond und es ist sternenklar und selbst nachts um 1:30 Uhr reicht das Mondlicht, um sich draußen zu bewegen. Irgendwann machen wir die Schlafsäcke und die Augen zu und kuscheln uns zu unseren Kindern. Immer wieder ein Highlight des Tages.

Helllichter Tag inmitten der Nacht

Heutige Fahrbilanz: 49 km, 3:20 h im Sattel

Bilder des Tages


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