Wir wachen heute neben bekannten Nachbarn auf. Die Mutter mit ihren zwei Söhnen steht mit ihrem Grand California wenige Meter neben unserem Zelt. Nach dem Frühstück blicken wir das erste Mal aus dem Zelt es ist heute ein eher grauer Tag. Gut, dass wir gestern die Powerbank an eine Steckdose hier auf dem Campingplatz angeschlossen haben. Wir haben sie erst noch ausgiebig genutzt und dann direkt vor dem Schlafengehen angeschlossen, damit sie über Nacht laden kann.
Irgendwann kommen wir aus dem Zelt und unsere Nachbarn aus dem Camper. Die Jungs bringen eine Spielzeugkiste raus und unsere beiden sind direkt interessiert. Endlich wieder andere Spielsachen! Es ist ein buntes, offenes Spiel. Die beiden Jungs erklären uns ein paar Sachen, z.B. hat der Große eine „Edelsteinsammlung“, von kleinen schönen Steinen, die unterwegs findet und sie zeigen uns ihre Dinosaurier. Die Große entdeckt Magnetsteine für sich, was die Kleine natürlich dann genauso interessiert. Aber es gibt auch noch genug anderes in der Kiste. Für uns Erwachsene bedeutet das ein bisschen Zeit zum Schnacken.

Durchgemogelt
Ich möchte heute duschen gehen und will es nochmal an der Rezeption versuchen. Anmelden und Duschkarte besorgen, denn die Dusche funktioniert mit einer Chipkarte. An der Rezeption ist immer noch niemand zu finden. Wir bekommen also keine Karte. Ich denke mir, ich versuche es einfach so und notfalls muss ich kalt duschen. Als ich die Dusche einschalte kommt allerdings so heißes Wasser aus der Leitung, dass ich mich fast verbrenne. Ich versuche es herunterzuregeln, aber irgendwie passiert da nichts. „So kann man auch verhindern, dass Gäste unbefugt duschen“, denke ich mir. Dann wird es auf einmal doch kälter. Meine Vermutung ist jetzt, dass gleich kein warmes Wasser mehr kommt. Also schön einteilen. Ggf. hat Lu sogar noch etwas davon. Bis zum Ende der Dusche kommt allerdings gleichbleibend warmes Wasser. Als ich aus der Dusche komme, fühle ich mich wie neugeboren. Da hier auf dem Campingplatz so ziemlich tote Hose ist, empfehle ich Lu die gleiche Dusche bei den Männern zu nutzen. Sie schafft es genauso bis zum Ende warm zu duschen. Erfolg auf ganzer Linie, ein guter Start in den Tag.
Für einen Schnack hat man immer Zeit, oder?
Nach dem Duschen fangen wir an ein paar Sachen zusammenzupacken und irgendwie ergibt es sich, dass ich mit einem anderen Nachbar ins Gespräch komme, denn ebenfalls in der Nähe steht ein Bulli aus der Schweiz. Das Paar, das mit dem Camper hier ist, hat uns gestern auf diese Wiese verwiesen. Sie sind nicht zum ersten mal hier, denn sie sind Norwegen Fans. Sie fahren gen Nordkap, aber ganz entspannt. Für sie ist der Weg das Ziel. Vor ein paar Jahren waren sie schon mal am Nordkap und würden gerne nochmal dort hin.
Mittlerweile ist es bald wieder Zeit für das Mittagessen. Wo ist nur die Zeit hin? Ok, wir waren noch duschen und haben uns unterhalten. Da ist wohl die Zeit hin. Wir bauen das Zelt ab und essen noch kalte Küche. Zum Abschluss gibt es noch Äpfel, die wir seit einigen Kilometern mit uns herumfahren und denen das Leben in der Fahrradtasche auch nicht mehr lange gut bekommen wird.
Die Camper-Mom und ihre zwei Jungs haben sich mittlerweile verabschiedet und sind nun auf dem Weg gen Schweden. Bis wir dann tatsächlich wieder im Sattel sitzen, ist es 15:00 Uhr. 15:11 Uhr, um genau zu sein. Zum Glück ist es nicht mehr allzu weit bis nach Kristiansand.

War es das jetzt mit Norwegen?
Wir wollen noch ein paar Kleinigkeiten besorgen, aber es ist Sonntag. Zum Glück finden wir eine kleine Joker Filiale, die heute geöffnet hat. Ich warte mit der Kleinen draußen, während Lu mit der Großen reingeht. Wir stehen mit unseren Rädern an der Hauswand, direkt vor dem Laden und wenn ich mit der Kleinen neben den Rädern stehe, können gerade noch so Passanten vorbeilaufen. Wir sind in der Großstadt angekommen. Hier gibt es eben nicht so viel Platz. Normalerweise halten wir auf den Parkplatzen der Supermärkte, aber dieser Laden ist direkt an der Straße. Während wir auf die anderen Beiden warten, fällt mir auf, dass wir die Fähre von hier aus sehen können, die von Kristiansand nach Hirtshals fährt. Wir könnten also theoretisch heute sagen: „Das war’s, wir fahren nach Hause“. Aber auch nicht so ganz. Zum Einen fährt die Fähre nur nach Hirtshals. Von dort müssten wir also auch wieder sehen, wie wir weiterkommen. Den ganzen Weg zurückfahren, wie wir gekommen sind, wollen wir nicht. Wir könnten bis zur Fähre in Frederikshavn fahren und dann nach Göteborg übersetzen. Aber nein, wir wollen noch weiter in Norwegen fahren. Heute Abend machen wir uns einen Plan, wie es weitergeht.

Eiskalt genießen
Wir haben für die Kinder schon einen Spielplatz herausgesucht, als wir nach einer Einkaufsmöglichkeit gesucht haben. Diesen steuern wir jetzt an. Auf dem Weg da hin kommen wir an einem Burger King vorbei und lassen uns zu einem Impulskauf hinreißen: zwei Milkshakes für je 7 €. Da ich unter meinem Sattel zwei Getränkehalter habe, können wir die Shakes entspannt zum Spielplatz fahren und sie dort genießen, während die Kinder schon spielen können.

So, dann genießen wir mal die Shakes. Während das Wetter grau und kühl ist. Nach kurzer Zeit haben wir alles an, was wir an Kleidung für den Oberkörper haben. An den kurzen Hosen ändern wir jetzt nichts. Aber ein so kaltes Getränk bei der Witterung war irgendwie nicht ganz durchdacht. Die Kinder toben sich erstmal etwas aus und als wir weiter wollen, wollen sie leider noch nicht weiter. Die Wettervorhersage für heute Abend und Nacht sind sehr regenintensiv, deshalb wollen wir jetzt weiter. Und wickeln müssen wir die Kinder auch nochmal. Also Kinder auspellen, wickeln und wieder anpellen. Das war am Anfang der Tour bei den sommerlichen Temperaturen in Deutschland noch wesentlich unkomplizierter.
Campingplatz öffne dich

Wir sind wieder unterwegs und peilen den Campingplatz an, der uns vor zwei Tagen in Mandal empfohlen wurde. Die Zufahrt führt über ein Hafengelände und es fühlt sich irgendwie abgelegen an. Am Eingang ist ein geschlossenes Tor und daneben eine geöffnete Tür. Wir rollen durch die Tür auf das Gelände. Die Rezeption hat geschlossen. Es ist schon kurz nach 19:00 Uhr und wir suchen uns jetzt schleunigst einen Platz, damit wir aufbauen können und uns vor dem Regen schützen können. Der Boden ist schon nass und wir können etwas ausloten, wo das Wasser entlang fließen könnte und wo es steht. Wir entscheiden uns für einen Platz direkt neben einem kleinen Spielplatz. Und nicht nur das, auch noch genau neben einer hüfthohen Laterne. Und nicht nur das! Auf dem Stück Wiese geht es leider nicht anders, als zwischen einem Weg, der Laterne und zwei Gullis. Egal, passt, wackelt und hat Luft, das Zelt steht. Die Kinder konnten während des Aufbaus noch etwas spielen, aber haben auch mitgeholfen und nun heißt es einräumen und das Abendprogramm beginnen. Als wir ins Zelt wechseln, fängt es auch langsam an zu nieseln.

Habe ich schon erwähnt, dass eine Latern DIREKT vor unserem Zelt steht? Das kleine Vorzelt, vor unserem Eingang ist hell erleuchtet und es ist taghell. Die Kinder schlafen trotzdem schnell ein und wir können unsere Sachen machen, ohne zusätzliches Licht zu benötigen.
Ein wichtiger Punkt steht aber noch auf der Tagesordnung: Nachos bei guter Sicht genießen. Nein, das war es nicht. Die Planung der weiteren Strecke. Wo soll es hingehen? Wie weit kommen wir?

Neues Ziel: Oslo
Nachdem wir nun in Kristiansand angekommen sind und unsere Reise neu einschätzen können, setzen wir unser neues Ziel: Oslo. Bislang war Kristiansand unser erstes Ziel von Stavanger aus, weil wir von hier aus notfalls die Rückreise beginnen hätten können. Natürlich wäre auch immer irgendwo eine Zugfahrt möglich gewesen, aber in der Kategorie haben wir bis Kristiansand nicht wirklich gedacht.
Die nächste Fähre würde nun in Larvik fahren. Bis dort sind es knapp 280 km. Bis Oslo sind es knapp 340 km. Wir haben noch 11 Tage Zeit, bis wir wieder zu Hause sein wollen. Theoretisch könnten wir länger reisen, aber dann müsste ich mein 20-jähriges Abi-Treffen sausen lassen und Lu würde ihren Zahnarzttermin absagen. Ich möchte aber gerne zu diesem Treffen, also bleibt es erstmal dabei. 11 Tage. 3 Tage planen wir allerdings für die Rückreise ein. Wir wissen noch nicht, wie es genau laufen soll, aber von Oslo werden wir so oder so etwa 3 Tage bis nach Hause brauchen. Bleiben also 8 Tage zum Radeln. Wenn wir konsequent die 50 km pro Tag durchhalten, dann sind wir in 7 Tagen in Oslo. Seit Stavanger sind wir etwa 360 km gefahren und haben 17 Tage gebraucht. Wir wollen also fast die gleiche Strecke in weniger als die Hälfte der Zeit schaffen. Klar, klingt vernünftig. Allerdings war die Strecke bis hier hin auch anspruchsvoller, als das, was jetzt kommen wird. Es bleibt zwar immer noch bergig, aber weit weniger und wir sind mehr in Übung denn je. Wir nehmen uns also vor pro Tag ab jetzt 50 km zu fahren. Es wird immer etwas dazwischenkommen und etwas mehr als 1 Tag Puffer ist nicht, viel, aber so machen wir das jetzt.
Heutige Fahrbilanz: 25 km, 2 h im Sattel
Bilder des Tages














