Norway by Bike – Tag 40: Lyngdal

Heute ist ein total genialer Mummeltag – fast. Der Tag startet grau und für die nächsten Tage sind Regen und Wind vorausgesagt. Wir haben also echt Glück, dass wir genau jetzt hier gelandet sind und die Zeit im Schwimmbad verbringen können. Nach all dem Schwitzen auf dem Rad einfach nur mit der Familie planschen. Mit zwei so kleinen Kindern ist es natürlich nicht einfach nur am Pool liegen und Drinks schlürfen, sondern im knöchel- bis fast knietiefen Kinderbecken mit Kind an der Hand laufen oder darin sitzen und mit den Fahrzeugen und Eimern mit den Kindern spielen. Im mittleren Becken gibt es für die Kleinen Schaumstoffschwimmhilfen in Form von Booten und Tieren und damit können wir mit den beiden auch mal ins tiefe Wasser. Das Becken ist gleichzeitig ein Wellenbad, in dem vielleicht alle 2–3 Stunden einmal die Wellenanlage angeworfen wird. Es ist vorne flach und hinten knapp 2 m tief. Es gibt außerdem einen kreisrunden Kanal, in dem zwischendurch eine Strömung dafür sorgt, dass es im wahrsten Sinne des Wortes „Rund geht“. Mit den Kindern auf Schaumstoffbrettern lassen wir uns immer wieder rundherum treiben und haben alle unseren Spaß. Wenn die Wellen starten, dann geht es wieder mit den Kids ins Fußbecken.

Dort treffen wir eine Familie aus Kristiansand, die mit ihrem elf Monate alten Baby zum Baden hierher gefahren sind. Es ist nicht unglaublich weit bis Kristiansand, aber um die Ecke ist es auch nicht. Wir haben hier wohl eine Badeperle aufgetan. Ich unterhalte mich ein wenig mit dem Vater über dies und jenes. Sie sind in Elternzeit und offenbar bekommen die Norweger das Elterngeld nicht vom Staat, sondern vom Arbeitgeber. Und es gibt keinen anteiligen Lohn, sondern 100 % und die kommen weiterhin vom Arbeitgeber. Aber wie ich gerade dazu lese, bekommt der Arbeitgeber es von der Sozialkasse bezahlt und reicht es an den Arbeitnehmer weiter. So oder so: 100 %, davon können wir nur träumen. Wir haben beide unsere Elternzeit auf das Maximum gestreckt und Elterngeld Plus gewählt, wo es nur geht. Dadurch bekommen wir dann monatlich nur die Hälfte, aber eben doppelt so lang. Da unsere zweite Elternzeit so „dicht“ auf die erste Elternzeit folgt, sind leider Monate der ersten Elternzeit in den Berechnungszeitraum für die zweite gefallen. Dadurch bekommen wir erheblich weniger. Ich bin seit Anfang des Jahres arbeitslos (auf dem Weg in die Selbstständigkeit – hoffentlich), also traue ich mich mal, über mein ehemaliges Gehalt zu sprechen: Ich hatte etwa 2500 € Netto, habe in der ersten Elternzeit etwa 1400 € Elterngeldanspruch gehabt und dadurch rund 700 € Elterngeld Plus bekommen. In der zweiten Elternzeit stehen mir nur noch 560 € zu. Und da Lu mehr Elternzeitmonate als ich hat, fällt es bei ihr noch gravierender aus. Womöglich können die Norweger ihre Elternzeit nicht so strecken, wie wir es können, wenn ich das richtig überflogen habe. Dann würde ich sagen, dass die Zeit mit den Kindern unbezahlbar ist und ich lieber die längere Zeit wähle. Ansonsten hätte ich natürlich gerne das Beste aus beiden Welten – wer würde das nicht wollen?

Fun for everyone

Zwischendurch teilen wir uns aber auch auf, sodass die Erwachsenen auch mal auf ihre Kosten kommen. Es gibt einen Sprungturm und eine Wasserrutsche mit Zeitanzeige. Als ich die Anzeige entdecke, frage ich mich zuerst, was dort für Zahlen stehen, bis ich bald herausfinde, dass wir dort sehen können, wie schnell die Leute die Rutsche runtergerutscht sind. Challenge accepted. Beim Anblick der Rutsche frage ich mich, ob das wirklich was für mich ist. Ich mache mir Mut, indem ich die Zeit auf der Anzeige mit der Länge der Rutsche vergleiche. 8 Sekunden. Ich verfolge 8 Sekunden lang die Kurven der Röhre. „Sollte machbar sein.“ Kurz darauf bin ich auf dem Weg nach oben und wage meinen ersten Versuch. Gaaanz sachte. 16 Sekunden. Na gut, war ja nur zum Testen. Naja, und ab da war mein Ehrgeiz geweckt. Ich musste die Reibung minimieren und in den Kurven stabiler bleiben und am Ende nicht zu früh bremsen, sondern mich auf das Bremsbecken verlassen. Die Zeiten wurden besser. 10 s, 9 s und knapp darunter. Nach einigen Versuchen tauschen Lu und ich. Sie fängt auch langsam an und wagt schnell mehr. Im Laufe des Tages versuchen wir es immer mal wieder und kommen auf 8,44 s (Lu) und 8,0 s (Bodo). Ich spreche mit drei jungen Leuten (Gott, ich fühl mich alt, wenn ich das sage, aber die waren wahrscheinlich in ihren 20ern und, naja, ich bin 40). Jedenfalls haben sie erzählt, dass es in Norwegen Wasserrutschen-Meisterschaften gibt und sie erklären mir, dass ich nicht auf den Ellenbogen, sondern auf den Schulterblättern rutschen soll und auf nur einem Hacken. Ich habe noch ein paar Tage Fahrradtour vor mir, also riskiere ich nicht zu viel, aber ich versuche es, wie beschrieben. Auf einem Hacken zu rutschen fühlt sich etwas heikel an, deshalb bleibt es bei den 8 Sekunden. Aber die drei Norweger sind allesamt im 7-Sekunden-Bereich – bei jedem Versuch. Die haben es wirklich drauf und ich hätte nicht geahnt, dass mich das so anfixen würde.

Wenn das Zelt gerade so hält

Während wir im tropisch warmen Hallenbad unseren Spaß haben, zieht es sich draußen weiter zu. Es fängt an zu regnen und der Wind wird stärker. Das Schwimmbad hat eine große Glasfassade und wir können wunderbar sehen, wie der Wind die Wellen durch den Fjord peitscht. Außerdem sehen wir unser Zelt auf dem angrenzenden Campingplatz. Zum Glück. Denn irgendwann sehe ich, dass etwas mit der Form des Zeltes nicht stimmt und seit es unser Zelt an Tag 22 in Hjarbæk zerlegt hat, sind wir etwas nervöser, wenn es stürmt. Ich gehe in Badehose, Regenjacke und Sandalen raus in den stürmischen Regen, um das Zelt zu überprüfen und ggf. zu fixen. Als ich am Zelt ankomme, kann ich es kaum fassen. Es ist einseitig komplett eingedrückt.

Eindrucksvoll: Der Wind zwingt unser Zelt schon wieder in die Knie.

Im Nachhinein wissen wir, dass es drei Klettverschlüsse pro Seite gibt, mit denen wir das Außenzelt und das Gestänge hätten verbinden sollen. Wir wissen an diesem Tag nur von zwei Kletts, die dem Wind aber leider nicht so recht standhalten. Vielleicht hätte der dritte Klett den Unterschied gemacht. Jedenfalls beule ich das Zelt wieder aus und ziehe die Abspannleinen nach.

Das Zelt ist einseitig eingedrückt. Die Matratzen liegen zum Trocknen erhöht auf den Fahrradtaschen, auf einer Seite des Zeltes – Das war nicht der Wind

Ich gehe wieder zurück ins Schwimmbad, wo wir als Nächstes Mittagessen werden. Es gibt eine ausgedehnte Pizza-Karte, allerdings ist die Urlaubssaison vorbei und die Karte ist reduziert auf eine Hackfleisch-Pizza und trocken anmutende Hotdogs. Wir nehmen die Pizza und irgendwie hat die was. Sie erinnert uns ein bisschen an eine Lasagne. Ein seltsamer Vergleich für eine Pizza, aber so ist es nun mal. Lu nimmt im Anschluss an das Essen die Kleine auf den Arm, setzt sich mit ihr auf eine Liege und begleitet sie in den Schlaf – die Kleine, nicht die Liege.

Zeltumzug

Zwischendurch schaue ich immer wieder aus dem Fenster und es ist wirklich Fluch und Segen, permanent unser Zelt sehen zu können. Letztlich aber wohl eher ein Segen. Es ist schon wieder eingedrückt und ich muss jetzt etwas unternehmen, damit wir im Zweifelsfall heute noch genug Zeit haben, um uns nach einer Unterkunft für heute Nacht umzusehen. Das Wetter soll bis morgen noch so bleiben, also schauen wir auf dem Regenradar, wann der Regen nachlässt, damit ich das Zelt erstmal umsetzen kann. Es dauert nicht lange, da wird es erstmal etwas ruhiger. Auf dem Campingplatz steht ein Wohnwagen, etwa 10 m von unserem Zelt entfernt, in dessen Windschatten wir etwas geschützter wären. Ich schmiede schon den Plan, dass ich mir im Zweifelsfall einen Transporter oder Camper von der Straße heranrufe, der sich neben unser Zelt auf die Wiese stellen soll, damit ich im Windschatten das Zelt lösen kann und während das Fahrzeug langsam an den Wohnwagen heranfährt, ziehe ich dann das Zelt in den Wohnwagen-Windschatten. Aber der Wind hat mitsamt dem Regen nachgelassen, also brauche ich wohl keine Hilfe. Ich räume alle schweren Fahrradtaschen aus dem Zelt, ziehe schon mal ein paar Heringe aus dem Boden und lege sie am Zielort bereit. Dann löse ich die letzten Heringe und ziehe das Zelt an sein neues, windschattiges Plätzchen. Es steht ohne Heringe und fliegt nicht weg. Das ist perspektivisch schon mal gut. Trotzdem sehe ich zu, schnell alles wieder zu befestigen und anschließend die Taschen zu holen und wieder ins Zelt zu räumen. Einziger Haken am neuen Platz ist, dass die Wiese ringsum etwa 2 cm tief unter Wasser steht. Aber manchmal ist ja immer irgendwas. Oder so. Ich hoffe einfach, dass wir lange genug trocken von unten bleiben. Also, wieder ab ins Schwimmbad.

Ist nur ein kleines Regengebiet, dass da über uns zieht (schwarzer Marker)

Ab jetzt wird’s entspannter

Es ist etwa 16:00 Uhr, als ich wieder bei den anderen bin und obwohl es schon relativ spät ist, bleiben noch ein Weilchen. Die Kleine sortiert eifrig die vom Schwimmbad gestellten Spieleimer und klettert immer wieder in ein Wasserspiel und die Große lässt sich die meiste Zeit von der Mama mit einem Schaumstoffboot über das Wasser fahren.

Wir machen uns auf den Weg zurück zum Zelt und ich behalte meine Badehose einfach an. Ich trockne sie mit Körperwärme, und sollte sie draußen nass werden, stört es nicht, weil sie noch nass ist. Anders bei meiner übrigen Kleidung. Die Kinder werden gut eingepackt, bekommen eine Mütze auf und fünf Minuten später sind wir schon wieder im Zelt.

Zum Abendessen gibt es für die Kinder noch ein Gläschen Abendbrei, einfach, weil es für uns einfach ist und den beiden schmeckt. Die freuen sich in der Regel darüber.
Der Tag war anstrengend und die beiden schlafen schnell ein. Wir werkeln wieder an den üblichen Dingen für Familie Flusenkopf und das Wetter macht draußen sein Ding. Irgendwann dreht der Wind etwas und der Regen prasselt auf die Zeltwand hinter Lu. Der Wind drückt und zuppelt ordentlich am Zelt, aber wir bleiben trocken und verglichen mit heute Mittag, steht das Zelt weitestgehend entspannt. Die Nacht kann also kommen.

Heutige Fahrbilanz: 0 km, 0 h im Sattel

Bilder des Tages


Hinterlasse einen Kommentar