Wir starten wieder in Iseltwald. Heute wollen wir wieder wandern. Zwischen Grindelwald und Lauterbrunnen liegt der Berg Männlichen. Von ihm aus haben wir schon eine tolle Sicht auf die umliegende Jungfrau Region genossen. In der Kombination klingen die Namen schon sehr seltsam. Jedenfalls sind Eiger, Mönch und Jungfrau als Dreiergruppe vom Männlichen aus sehr gut zu sehen. Wenn es das Wetter zulässt. Heute ist der Himmel wolkenverhangen. Die Fahrt mit der Panorama Zahnradbahn von Lauterbrunnen hoch nach Wengen bietet noch viel Weitsicht und eine schöne Szenerie. Von Wengen aus geht es aber mit einer Gondel noch weiter hoch und die Seile der Gondel enden in der Wolkendecke. Von dort oben werden wir wohl heute nicht sonderlich viel sehen. Wir kaufen die Tickets und haben noch etwas Wartezeit, weil die Gondel nur dreimal pro Stunde fährt.
(Ein) Hoch auf die Hüpfburg!
Direkt neben der Gondelstation ist eine Hüpfburg aufgebaut. Alles im Alpenlook, mit aufgedruckten Alphornbläsern und ganz oben am Dach lächelt eine schwarz-weiße Kuh. Die Große sieht die Hüpfburg sofort, als wir an der Station ankommen und verkündet freudig, dass sie darauf hüpfen möchte. Nach dem Ticketkauf gehen wir direkt zu Hüpfburg und lassen die Große darauf los. Sie hüpft und purzelt und rutscht zwischen einigen anderen Kindern und kommt mit einer Minute verbleibender Spielzeit bereits zurück zu uns. Sie hat genug und ist glücklich und zufrieden.
Gondel in die Wolken
Neulich sind wir mit einer Gondel auf das Rittnerhorn gefahren und beim Blick nach unten wurde mir teilweise etwas mulmig, weil ab und zu sehr viel Abstand zum Boden war. Die Gondel, mit der wir heute fahren, fährt weit steiler und wir können noch tiefer blicken. Aber irgendwie ist es nicht ganz so schlimm. Vielleicht schaukelt die Gondel weniger oder mein Hirn denkt sich, wenn’s hier abwärts geht, dann ist es eh vorbei.
Kurz vor Ende der Fahrt versinkt die Umgebung in den Wolken. Oben angekommen, öffnen sich die Türen, und uns kommt kalte, feuchte Luft entgegen. Wir steigen aus der Gondel in die Wolkendecke. Eine so kurze Fahrt und so ein Klimawechsel. Die Fahrt war, wie gesagt, auch sehr steil. Wir beschließen, den Kindern, etwas wärmeres anzuziehen. Die Kleine saß in der Kraxe und als wir sie rausholen, merken wir, dass die Hose nass ist. Wir suchen die Toiletten auf und ich gehe mit der Kleinen auf die Damentoilette. Es ist immer noch die große Ausnahme, dass es bei den Männern Wickelmöglichkeiten gibt. Kurz ein Kleiderwechsel, dann noch eine Snackpause für die Kids und schon wandern wir los.
Wo sind wir?
Die Große stellt fest, dass sie die anderen Besucher hier oben nur als dunkle Gestalten im Nebel erkennen kann. „Da laufen schwarze Menschen“. Sie tauchen irgendwo aus der Nebelwand auf und verschwinden irgendwo in ihr. Von der Bergstation aus gibt es einen Weg auf die Bergspitze des Männlichen, aber aufgrund der Sichtverhältnisse streichen wir das direkt und laufen weiter in Richtung kleine Scheidegg und Eiger.
Wir hatten die große motiviert für die Wanderung, indem wir ihr versprochen haben, dass es oben eine Überraschung gibt. Sie hatte schon erraten, dass es sich um einen Spielplatz handelt. Nach wenigen Gehminuten von der Bergstation aus, trafen wir auf eine haushohe, begehbare Kuh. Hier ist der Beginn des Themenweges Liselotteweg. Der sogenannte Sennenspielplatz Männlichen lädt zum Verweilen ein. Für die Kinder gibt es allerhand Spielmöglichkeiten auf dem weitläufigen Areal und, wenn es das Alter der Kinder zuließe, könnten wir uns bequem auf die Terrasse des Berghaus Männlichen setzen. Unsere Kinder, 1 und 3 Jahre alt, erfordern aber unsere Anwesenheit und unser Mitspielen und so klettern wir auf Schwebebalken, spielen Bowling und hüpfen auf Trampolinen.
Ab in die Kuh
Über eine Treppe gelangen wir in den … Hintereingang der Kuh. Innen hängen Schaubilder, Spiele zur Verdauung der Kuh und Kuhglocken, die von Kindern in ohrenbetäubender Lautstärke gespielt werden. Ganz oben bietet eine Plattform eine gute Übersicht über den Spielplatz und die Wolkenlandschaft und als ich mit der Kleinen fertig gekundschaftet habe, rutschen wir durch das Maul der Kuh, durch eine Röhrenrutsche runter. Vor dem Rutschen drehe ich sie mit ihrem Gesicht zu mir, damit sie sich sicherer fühlt. Unten angekommen lacht sie herzlich.
Wir spielen eine ganze Weile hier und bevor wir weiterziehen, gibt es noch einen Snack. Die Kleine liebt aktuell Banane und ist meist sehr enthusiastisch, wenn es etwas zu essen gibt. Aus „nomnomnom“ ist mittlerweile „am am“ geworden und zu Banane sagte sie schon „nana“. Bald wird sie Ansprüche ans Essen verkünden können, bevor wir es ihr hinhalten, damit sie es mit „Nein“ oder „am am“ kommentieren kann.
Vom Sennenspielplatz geht es weiter in Richtung Kleine Scheidegg. Wir tragen heute nur Turnschuhe, weil ich den Weg befestigter in Erinnerung hatte, aber es ist nur ein schlottriger Wanderweg mit teils groben Geröll. Wanderschuhe wären schon bequemer gewesen, aber jetzt gibt es kein Zurück mehr.
Als wir an der Kleinen Scheidegg ankommen, merken wir, dass die ersten Geschäfte schließen. Wir sind wohl wieder spät dran. Es ist kurz nach halb fünf. Wir finden ein Restaurant, wo die Gäste noch Essen auf dem Tisch haben und als wir die Röstis mit Pilzragout sehen, sind wir schon ganz vorfreudig. Doch leider zu früh gefreut. Die Bedienung teilt uns mit, dass die warme Küche bereits geschlossen ist und es nur noch Kuchen und Getränke gibt. Wenn dir das Leben Kuchen gibt, mach nen Kaffeekränzchen.
Wie man nach Apfelsaft fragt
Also gibt es Apfelkuchen, Tiramisu, Käsekuchen, dazu Kaffee, Bier und „Apfelsaft“. Ich schreibe es deshalb im Anführungszeichen, weil auf der Flasche, die wir serviert bekommen, tatsächlich Apfelsaft steht. Aber es steht auch drauf, dass sie mit Kohlensäure ist. Alternativ gibt es auf der Speisekarte noch eine Apfelsaftschorle und auf Nachfrage, sagt die Bedienung uns dasselbe. Wo liegt bitte der Unterschied zwischen den beiden Getränken? Vermutlich ist das eine mit Kohlensäure versetzter Apfelsaft, während das andere mit Mineralwasser gemischt ist. Anders kann ich mir das nicht erklären. Die große mag keine kohlensäurehaltigen Getränke, deshalb versuche ich, die Kohlensäure in einem Glas mit einem Löffel heraus zu rühren. Ohne Erfolg. Zwar wird die Kohlensäure weniger, aber sie schmeckt noch deutlich heraus und damit möchte die Große es nicht trinken. Ich schüttle die Flasche ordentlich und nach 10 oder 15 x ordentlich aufschäumen und Gas ablassen, finde ich, dass es wie Apfelsaft schmeckt. Die Große ist aber weiterhin abgeschreckt und möchte den Apfelsaft nicht probieren. Völlig nachvollziehbar. Sie trinkt Wasser aus ihrer Wasserflasche und ist damit zufrieden.
Wer also in Österreich oder Schweiz Apfelsaft haben möchte, fragt am besten ob der Saft still ist oder ohne Mineralwasser oder ohne Gas ist. Falls es mal auf italienisch sein musste, konnte ich mir mittlerweile immerhin mit einem „no mineral“ oder „sin gas“ weiterhelfen.
Fragen kostet nix und spart manchmal sogar Geld
Nach unserer zur Kaffeepause umfunktionierten Mittagspause machen wir uns auf, um mit der Panoramabahn von der Kleinen Scheidegg runter bis nach Lauterbrunnen zu fahren. Während Lu versucht die Tickets aufzutreiben, gehe ich nochmal die Kleine Wickeln. Mal wieder auf der Damentoilette.
Als ich wieder zu Lu und der Großen stoße, fragt Lu gerade Bahnpersonal, ob wir die Tickets auch in der Bahn kaufen könnten. Am Automaten schien es Lu sehr teuer und tatsächlich bekommen wir die Tickets in der Bahn günstiger, weil die Schaffnerin uns sagt, dass sie uns zwei Tickets verkauft. Eins von der Kleinen Scheidegg nach Wengen und eins von Wengen nach Lauterbrunnen. Vielleicht hätten wir das auch irgendwie am Automaten machen können, aber wir hätten das auch erstmal wissen müssen. So sparen wir rund 12 € und zahlen etwas über 60 € (zwei Erwachsene).
USA-Feeling in Lauterbrunnen
Nach der Talfahrt laufen wir durch das von Touristen überflutete Lauterbrunnen. Ich weiß, wir sind auch Touristen und machen die Situation nicht besser. Aber es ist schon bemerkenswert, wie diese Touristen Hotspots nicht von Themenparks zu unterscheiden sind. Lauterbrunnen macht auf uns einen amerikanisch angehauchten Eindruck. Die Läden heißen Food Point Kebab, Mountain Ice Cream, The Bell, Airtime Cafe Bakery und Flavours. Es hängen Ventilatoren auf den Terrassen, Geschäfte bieten Winter- und Wanderkleidung an und irgendwie erinnert es uns an Orte, wie Jackson in Wyoming, kurz vor dem Yellowstone National Park. Dort haben wir tatsächlich 2016 unsere Wanderschuhe gekauft, weil wir bemerkt haben, dass wir nicht gut ausgestattet waren. Wir tragen heute dieselben Schuhe und durch die Anekdote, die an unseren Schuhen hängt, trage ich sie noch lieber.
Fun Fact: Die Schuhe, die wir in den USA gekauft haben, sind von LOWA und SALEWA, zufällig beides deutsche Marken.
Exkurs: Übertourismus
Wie schon gesagt, war es in Lauterbrunnen sehr überlaufen. Auf Swissinfo.ch habe ich gelesen, dass Lauterbrunnen erwägt, einen Eintritt für das 2300-Einwohner-Dorf zu erheben. In 2023 gab es wohl rund 500 k Hotelübernachtungen, was rund 220 Übernachtungen pro Einwohner bedeutet. In Berlin sind es zum Vergleich gut 8 Übernachtungen pro Einwohner (30 Mio Übernachtungen auf 3,6 Mio Einwohner) Die gesamte Jungfrau Region ist sehr touristisch und auch unser Schlafplatz liegt seit 2019 in einem Hotspot, wegen einer koreanischen Netflix Serie. Hier sind es rund 1000 Besucher pro Einwohner zwischen 2022 und 2023 gewesen und in dem kleinen Dorf wohnen rund 400 Menschen.
Wo schlafen wir heute?
Wir wollen morgen auf die Schynige Platte und haben uns überlegt, dass es praktisch wäre, wenn wir morgens weniger Fahrstrecke haben. Aber einen Campingplatz wollen wir trotzdem nicht anfahren. Wir finden noch einen Stellplatz über park4night, der wohl 10 CHF kosten soll. Die örtliche Bauverwaltung möchte wohl eigentlich nicht, dass Camper dort übernachten, aber der Besitzer des Grundstücks hat offensichtlich einen Zettel aufgehängt, auf dem es sinngemäß heißt, dass Camper 10 CHF für die Übernachtung zahlen sollen, wenn sie schon gegen den Willen der Bauverwaltung dort stehen. Dazu eine IBAN und eine Paypal Adresse. Clever.
Als wir an dem Platz auf dem Rückweg vorbeikommen ist schon kein Platz mehr frei. Wir schätzen es nur im Vorbeifahren ein, aber so voll, wie es auf dem kleinen Platz ist, entscheiden wir uns spontan einstimmig dafür, wieder nach Iseltwald zu fahren.
Abendprogramm und ab ins Bett
Auf dem Parkplatz nehmen wir uns einen Platz mit schöner Sicht auf den See und machen den Kindern Essen. Die Große möchte einen Kakaobrei (aus dem Glas) essen und die Kleine bekommt Mozzarella und kleingeschnittene Tomate in einer Schale serviert. Das kann sie alleine Essen und so können wir ihr nebenbei noch ein Gläschen Brei füttern. Dann ist sie nämlich abgelenkt. Es ist nur manchmal schwierig einen Zeit-Slot zu finden, in den der Löffel mit dem Brei passt. Aber irgendwie klappt es meistens doch.
Als die Kinder schlafen, gibt es für uns Eltern wieder Caprese mit Burrata – davon bekommen wir einfach nicht genug – und wir schreiben wieder am Blog.




















